Eine absolut affengeile Erfahrung! Ich war bestimmt nicht das letzte Mal am Start von einem HYROX Rennen. Eine großartige Veranstaltung mit vielen tollen Menschen. ein großer Dank gilt an dieser Stelle der Organisation von HYROX. Der Renndirektor selbst nahm sich die Zeit, mir bei der Orientierung im Vorfeld zu helfen, um ein reibungsloses Rennen erleben zu dürfen. Der Veranstalter versucht hier jeden Athleten mitzunehmen, sodass wir alle gemeinsam ein tolles Erlebnis haben können. WEITER SO!!! Danke!
Als langjähriger Ultraläufer der viele Jahre im Kraftsport verbrachte, wurde ich durch einen Arbeitskollegen auf dieses Event aufmerksam. Ich habe auch schon zahlreiche Hindernisläufe hinter mich gebracht und somit ist mir die Unterbrechung beim Laufen durch Übungen bzw. Hindernisse nicht fremd. Die Übungen hier haben es aber kraftmäßig in sich. Es ist ein Unterschied ob man durch Schlamm robben muss oder über einen Fluss hangelt, evtl. sich nicht halten kann, ins kalte Wasser platscht und schwimmen muss, oder ob man einen Schlitten mit 202kg Gewicht bewegen soll. Mir war klar, unvorbereitet und mit ein bisschen Kraftausdauertraining werde ich den Pro Wettbewerb hier nicht finishen können. Ich habe mich natürlich für "PRO" angemeldet. Frei nach dem Motto "Wer nicht glaubt besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein." Außerdem sind für mich als Leistungssportler nur Ziele interessant die mich fordern. Ziele die ich definitiv erreiche fordern mich nicht, auch wenn nichts im Leben selbstverständlich ist. Ich liebe nun mal die Herausforderung und den Wettkampf und gehe hier als Leistungssportler immer an meine Grenzen und darüber hinaus.
So habe ich mich im August 2023 für dieses Event hier im Dezember angemeldet und überlegte gemeinsam mit meinem Trainer Florian Reus wie wir das jetzt anstellen sollen. Ich kann auf meine Erfahrung als Kraftsportler zurückgreifen, habe aber noch ein wichtiges 100 Meilen-Rennen Ende Oktober in Tulln, bzw. den Spartathlon 2023 zu erledigen. Ich wurde für den Spartathlon leider nicht als Nachrücker genommen und so lief ich erfolgreich in 19h37min meine Bestzeit auf 100 Meilen in Tulln. Ich bereitete mich also für Tulln vor, musste aber HYROX irgendwie etwas im Blick haben. HYROX ist ein Event wo man insgesamt 8km läuft und nach jedem Laufkilometer eine Übung zu erledigen hat. Also 8km und 8 Übungen im Gesamten. Die Übungen sind:
SkiErg 1000m
Schlitten schieben 202kg über 50m
Schlitten ziehen 154kg über 50m
Burpees Braod Jump 80m
Ruderergometer 1000m
Farmer's Carry 2x 32kg Kettlebell über 200m
Sandbag Lunges mit 30kg Sandsack über 80m
Wall Balls mit 9kg Ball 100x auf ein 3m hohes Target werfen!
Jetzt hat der Tag nur 24h, ich muss arbeiten und viele Kilometer laufen. Ich kann derzeit keine 3 Krafteinheiten im Studio machen. Ich beließ es erst mal bei meiner einen Kraftausdauereinheit in der Woche und kümmerte mich um meinen Lauf. Bei dieser einen Krafteinheit setzte ich mich mit den schweren Schlitten auseinander und auch mit den Kettlebells. Weil ich im Studio keine 32kg sondern nur 26kg Kettlebells fand, kaufte ich mir welche um daheim damit zu üben. Mit dem Schlitten daheim üben geht nicht da ich a) weder die Raumlänge, noch b) den Teppich dafür besitze. Also musste ich einen Club finden der einen Schlitten hat. In Frankfurt eignet sich dafür Fitness First recht gut. Die Schlitten im Studio sind leichter und haben 2 Gewichtsauflagen. HYROX Schlitten wiegen 30kg und das Gewicht liegt auf einem Punkt. Einziger Lichtblick, das Gewicht von 202kg bzw. 154kg ist inkl. Schlitten. Ach musste ich mich behinderungstechnisch wieder auf was gefasst machen. Würde ich die Übungen erkennen, würde ich beim OUT-Bogen niemanden über den Haufen laufen, wie komme ich mit dem Gewusel dort klar (Wellenstarts), alle Fragen würden den Bericht sprengen. Mit den Kettlebells ging ich auf den Sportplatz und schleppte diese mit einer Sackkarre früh morgens dort hin. Dort kann man super 200m messen und dazwischen 1km laufen. Leider machte mir der Hausmeister einen Strich durch die Rechnung, als Ende November die Bahn vereist war und ich durfte nicht auf eigene Gefahr drauf. Also musste ich improvisieren und schleppte die Kettlebells zur Freude meiner Nachbarn in den 3. Stock unseres Wohnhauses die Treppen rauf und runter. Man muss sich halt zu helfen wissen. Im Studio gab es kein Target und daheim ist meine Deckenhöhe keine 3m hoch. Hier musste ich improvisieren.
Ich sammelte also vor Tulln etwas Erfahrung und überlegte mir wie ich bestmöglich trainieren soll und nach Tulln ging ich verstärkt 2-3 Einheiten in der Woche ins Studio, übte die Kombination aus Lauf und Übung, arbeitete an meiner Kraft mit schwerem Kreuzheben, Kniebeugen und hohen Gewichten an der Beinpresse und den Schlitten. Den Schlitten belud ich über 250kg um den griffigeren Teppich und den HYROX-eigenen Schlitten besser simulieren zu können und beim Ziehen des Schlittens quälte ich mich mit 200kg. Mir war klar, dass ich hier nicht gewinnen kann, da ich nun mal realistisch Ultraläufer mit einem Kraftsportlerhintergrund bin. Ich ziehe keine 210kg mehr aus dem Kreuz und mache auch keine Kniebeugen mehr mit 140kg Gewicht. Ich kann in 6 Wochen nicht die Welt verändern ABER ich kann stärker werden, mein Körper erinnert sich ans Training mit Gewicht und aufgrund meiner Erfahrung und meiner robusten Natur, werde ich es zumindest schaffen können, das Rennen erfolgreich zu beenden.
Am 9. Dezember 2023 war es nun soweit und ich stellte mich meiner Herausforderung. Ich fühlte mich zu schwach, zu wenig trainiert, machte mir Sorgen um die Schlitten. Gerade die Schlitten machten mir Sorgen. Man stelle sich vor ich könnte den nicht bewegen. Wenn ich 10min dort herum eiere, kein Problem, werde ich halt Letzter. Wenn ich den Schlitten aber nicht bewegt bekäme - disqualifiziert! Wie peinlich das währe. Die ganze Arbeit, der ganze Einsatz - zu ändern währe es aber dennoch dann nicht. Ich müsste einsehen das ich zu wenig getan habe und das nächste Mal mehr tun müsste. Ich wärmte mich auf und endlich war es soweit, ich stand im Startblock. Die Aufregung war nicht mehr abzustellen, der Puls raste, ich würde jetzt zeigen was ich kann und wofür die Quälerei gut war. Meine Christiane, Sascha mein bester Freund und seine Freundin Sina waren in den Zuschauerrängen. Ich konnte sie nicht sehen, aber hören. Ich hasse Starts. Gerade beim Eiger Ultra konnte man anhand meines Berichts sehen, warum. Das Problem hier, dass Zuschauer die Wege kreuzen und somit Ordner die Laufstrecke umleiten. Mal links, mal weiter rechts. Wenn man da im Tunnelblick läuft, kann es schnell gefährlich werden. Ich bin fast einen Ordner umgerannt! Dann wird man überholt, alles kämpft um die Innenlinie, Leute kommen aus der ROX-ZONE und es ist tierisch laut! Die Halle ist sowas von nervig laut das ich mich auf mein Gehör kaum verlassen kann. Außerdem musste ich aufpassen, den IN-Bogen nicht zu übersehen und mehr bzw. zu wenig zu laufen. In der PRO-Devision die erst abends ab 19:00 Uhr lief, war es zwar nicht so voll wie bei den Starts davor, für mich aber immer noch ausreichend stressig. Endlich die erste Übung. SkiErg. Das kann ich gut, war evtl. einen Tick zu schnell. Sich hier schon abzuschießen bei alle dem was noch kommt, eine blöde Idee. Ich habe mich realistisch im Vorfeld so eingeschätzt, dass ich um die 32min herum laufe, ich habe ca. 38min dafür gebraucht. Ich konnte zu Beginn noch 3:50min/km laufen, das änderte sich jetzt nach dem SkiErg aber schnell auf 4:20min/km. Endlich die verhassten und gefürchteten Schlitten. Beim Schieben war ich aus zweierlei Hinsicht überrascht. Unter dem Teppich war ein Kabel oder irgendwas anderes, das es mir zunächst schwer machte dieses Mistding zu bewegen. Dann aber lief es und ich kam erstaunlich gut zurecht und beendete unter 4min die 50m. Beim Ziehen des Schlittens allerdings machte ich große Augen. Auch hier ein Hindernis unterm Teppich, was ich aber gut bewältigte. Die Schlitten glitten da schon drüber nur man brauchte halt echt Power. Also vom Zuggewicht war ich echt beeindruckt und unangenehm überrascht. Zum Glück habe ich im Studio meine Distanz von 60m immer brav gezogen, auch wenn ich aufgeben wollte oder schon 12min an der Übung verzweifelte. Dennoch immer brav erledigt. So auch hier.
Egal ob ich nun Letzter werde oder nicht, ich finishe dieses Rennen!!! Ich quälte mich über diese ehlendig langen fast 10min durch diese Übung und lief, bzw. humpelte dann freudestrahlend zurück auf die Laufstrecke. Hier konnte ich eines stets beobachten: Die Pros sind Tiere und da einige sicher mehr als ich für HYROX getan haben und das deren Sport ist, ist mein Sport der Ultralauf. So konnte ich mir die Jungs auf der Laufstrecke immer wieder mit verdutzten Blicken derer holen. Ich lief meine 4min/km mehr aber unter 5min/km war ich dennoch konstant unterwegs. Zwar nahm ich mir die ein oder andere Sekunde nach den Übungen um Luft zu holen und ging zum OUT-Bogen, aber dann lief ich und zwar immer bis zur nächsten Übung. Die Burpees über 80m waren enorm lang. Ich dachte das endet nie. Dort durchgekommen, freute ich mich aufs Rudern. Mit Krämpfen in den Beinen kein Spaß aber dennoch in 4min überstanden. Ich hoffe mich bei den Farmer's Carry mit den Kettlebells etwas zu erholen. Den im ernst, diese Übung fand ich für heute wohl die Entspannendste. Ich kann die Dinger tragen und auch halten und müsste einfach nur locker laufend 200m damit überleben. Ich verschätzte mich bei der Distanz, war bei den ersten 100m etwas zu schnell und musste sie kurz absetzen. Das geschah zweimal, da meine Hände nass waren, weil ich mir damit übers Gesicht strich und mit nassen Händen hält man die Kettlebells kaum fest. Auch das hatte ich erfolgreich erledigt. Ich fühlte mich wie ein Gladiator in der Arena. Ich konnte kaum was fassen oder wirklich wahrnehmen was ich da tat oder was um mich herum passiert. Ich erledigte einfach meinen Job. Ich nahm die Leute und die Musik wahr, wusste klar was zu tun war aber sonst bekam ich nicht mehr viel mit - eigentlich gar nichts. Ich kam zu den Lunges! Ich war tatsächlich bei meiner vorletzten Übung. Das bekam ich mit! Ich nahm die 30kg auf und auch das war nach den Strapazen, die bereits hinter mir lagen, kein Vergnügen mehr. Ich durfte den Sandbag nicht fallenlassen! Soweit mir bekannt ist, darf das einmal passieren, man wird verwarnt, beim 2. Mal ist man disqualifiziert. Wie auch immer, das wollte ich an dem Punkt im Rennen nicht mehr riskieren, es wieder mal nur fast geschafft zu haben. Nein, nicht nach all dem Erlebten und erfolgreich erledigten Übungen!!! Ich pausierte zwar bei den Lunges, aber ich stand wie ein Fels in der Brandung mit leichtem Schwindel mit dem Sandsack da, sammelte mich und kämpfte weiter. Wie lange 80m sein können...
Plötzlich passierte es, dass vor mir einer den Sack verlor. Ich wawr auf seiner Höhe, es war ein englisch sprechender Athlet. Ich brüllte ihn unter Schmerzen an "Come on!!! Com one!!! We can do it!!" Er schaute mich an, nahm seinen Sack wieder auf und ging an mir vorbei. Er wollte eigentlich nicht mehr weiter aber das hat ihn motiviert. Ich habe Energie dafür aufgebracht, ihn zu motivieren, war jetzt aber hinter ihm und im Eimer. Auf der Laufstrecke sammelte ich ihn schließlich wieder ein und ließ ihn später im Ziel 2min hinter mir. Er bedankte sich im Ziel noch dafür und ich wusste erst gar nicht warum. Unter Tränen teilte er mir mit das er sonst nicht gefinisht hätte und das war es mir wert, das wir jetzt zusammen hier stehen und beide unser Finish bekommen hatten! Na wie dem auch sei, dachte ich aber vorher beim Laufen noch an zwei Dinge. Zum einen freute ich mich, dass ich das letzte Mal jetzt laufen müsste und mir noch ein paar Leute auf der Strecke einsammeln konnte. Aber zum anderen kämen jetzt die verhassten Wall Balls. Da man dabei in die tiefe Kniebeuge muss und das 100x, um anschließend eine 9kg Kugel auf ein 3m hohes Ziel zu werfen, währe das ja ein Grund gewesen, sein Lauftempo zu verringern. Das Gegenteil habe ich aber gemacht! Und nun war es soweit. Den Spruch "No Rep", also "keine Wiederholung" beginnst du spätestens hier zu hassen. Das Licht blendete, das Ziel erschien mir als sehr hoch. Ich verfehlte es und traf den Judge der "No Rep" gerade noch aussprechen konnte. "Irgendwie verdient", lächelte ich so in mich hinein. Natürlich nicht, tat mir leid und wollte ich auch nicht. Ich entschuldigte mich, nahm den Ball wieder auf und er meinte "konzentriere dich, ganz starke Leistung Junge, das schaffst du!" Weil ich meine Blindenkennzeichnung zur Sicherheit trug, bekam ich dann eine akustische Assistenz. Das war hilfreich, weil ich das Ziel nicht hören konnte. Es war so laut, dass ich unmöglich das "Bum" hören konnte, wenn der Ball das Ziel berührte. Kommt der Ball nur in Zielhöhe, ist das ein "No Rep" Du musst das Ziel treffen! Das passierte halt dann mal gar nicht, oder eben zu hart zum Leidwesen des Judge. "30 Wiederholungen hast du!" Wollte ich das hören? 70 lagen noch vor mir. Ich sagte mir "Du wirst das jetzt beenden. Und wenn du noch eine Stunde hier stehst, du wirst dieses verdammte Ziel 100x treffen - irgendwie!" Ich warf den Ball eigentlich auch nur noch aus reiner Willenskraft da hoch und nach endlosen 10min war das endlich erledigt. So lange hätte ich nicht gedacht das ich hier brauche und mir damit meine gesamte Zeit nochmal richtig versaut habe. Egal! Ich torkelte zur Bühne und fiel da einfach zu Boden. Ich genoss den Bass unter mir und blieb 5min liegen. Danach stand ich auf, holte mir 2 Red Bull und freute mich meines Lebens. Ich riss den Arm meines Mitkonkurrenten noch in die Luft, der sich bei mir für meine Unterstützung bei den Lunges bedankt hat und dann zog ich mich um und fuhr mit meiner Christiane nach Hause.
Zu Hause angekommen, bin ich nach einem Wettkampf ohnehin immer im Eimer. Allerdings war ich nach diesem Event hier so aufgekratzt, dass ich, trotz der fortgeschrittenen Zeit am Abend, einfach noch nicht schlafen konnte. Ich lag lange Zeit mit einer Flasche Bier in meinem Bett und war einfach nur glücklich. Glücklich hier gestartet zu sein und es geschafft zu haben. Glücklich, dass sich mein Einsatz wieder einmal gelohnt hat. Das war sicher nicht mein letztes Rennen und wer weiß, wenn ich mal beim Ultralauf kürzer trete, steige ich vielleicht hier ein. Outdoor Sport ist dann doch eher meines und so schön das hier alles ist, man kann nicht alles machen und überall sein. Dennoch war es eine wundervolle und neue Erfahrung und ich will so oder so wieder mal an einem HYROX Race an den Start gehen. Beim nächsten Mal möchte ich allerdings noch besser vorbereitet sein und meine Zeit um einiges damit verbessern. Ich kenne jetzt meine Defizite, habe die davor schon recht gut eingeschätzt, aber hier ist definitiv noch eine Verbesserung drin. Wann es soweit sein wird ist noch nicht klar. Aber ich werde Sie auf meiner Webseite schon darüber informieren.