Als 35. in der Gesamtwertung und Platz 6 in meiner Altersklasse muss ich mich wirklich nicht verstecken. Nachdem mir der Start auf Honolulu im Dezember 2022 dadurch versaut wurde, dass ich zu spät dort hingebracht wurde, fehlte mir ein Formtest. Auf Hawaii plante ich eigentlich eine Zielzeit unter 3h10min herum und bin diese sicher auch in der Lage zu laufen. Wenn es nicht so gut gelaufen währe, dann auf jeden Fall unter 3h15min, das war ich mir sicher.
Da ich das aber auf Hawaii nicht unter Beweis stellen konnte (mehr dazu in meinem Bericht zum Honolulu Marathon), musste ich mich für dieses Event hier reell einschätzen. Klar bin ich bereits 50km unter 4h gelaufen. Das war aber 2017, wo ich Marathon unter 3h laufen konnte. Ich bin derzeit aufgrund der vielen Ultras und keinem spezifischen Marathon Training kein Kandidat für unter 3h, definitiv kann ich aber noch an einem guten Tag unter 3h10min laufen! Wer nichts riskiert, weiß nicht ob es geht und eine 4h Zeit habe ich von mir aufgrund meiner Leistungsbereitschaft einfach vorausgesetzt. 50km sind 50km. Man kann nie wissen wie und was kommt. Also ging ich das Rennen sehr offensiv mit einer Zielzeit von 3h45min an. Das ist eigentlich eine Zeit für Kandidaten, die den Marathon knapp unter 3h im Griff haben.....
Also stellte ich mir meine Marschtabelle zusammen, welche die nackten Tatsachen ans Licht bringen sollte. Bei meinem Vorhaben musste klar sein, dass ich 5km jeweils in 22:30min bringen müsste um das Zielt 3h45min auf 50km erreichen zu können. Klar kann es mal ein paar Sekunden auf oder ab sein, jedoch ist meine Strategie immer gleichmäßig zu laufen. Bei der Versorgung überließ ich nichts dem Zufall. Ich wollte wissen was ich wann greife und nicht wie bei großen Marathons die Cola zu früh oder gar nicht zu bekommen, weil ich sie wieder mal nicht sehen kann. So half mir meine liebe Freundin Christiane bei der Versorgung. Bei diesem Rennen handelte es sich um eine 5km Runde um den Hardtsee Weiher in Ubstedt-Weiher, die man einfach 10x laufen musste. Na ja... einfach... Das war alles andere als leicht! Somit konnte ich Christiane an einem fixen Platz positionieren wo ich sie immer wieder traf und so auch meine Versorgung sichergestellt war. Ich war gut drauf, 2 Grad hatten wir draußen, aber einen schneidigen Wind. Dieser machte mir dann auch nach knapp 20km echt zu schaffen. Wenn man schon um 4:30min/km herum gerade so laufen kann, hilft einem Gegenwind mit Sicherheit nicht dazu, schneller zu werden oder das Tempo zu halten. Es gab bei diesem Rennen auch so einen arroganten Arsch, dessen Namen ich hier nicht nennen werde. Jedes Mal und warum auch immer, hackt der auf mir und meiner Behinderung herum. Läufer sind halt auch nur Menschen und Arschlöcher gibt es leider überall. Er meinte jedenfalls sich wichtig tun zu müssen und blöde Sprüche zu machen wie "Wirst nach 25km erfrieren!" oder "Nur weil du kurz angezogen bist, macht dich das nicht schneller." Übrigens derselbe Arsch der mich beim Spartathlon 2019 gefragt hat, wie oft ich am Sagas Pass gefallen bin, weil ich ja nichts sehe? Der Depp! Im Gegensatz zu ihm bin ich da noch nie gefallen. Ich wollte mich aber auch nicht auf sein Niveau herab begeben und antwortete ihm einfach nicht. Ich lief einfach mein Rennen weiter und es freute mich das er hinter mir war. Es hätte auch so bleiben können und fairerweise sogar bleiben müssen, kam aber leider anders. Zu meiner Kleidung ist zu sagen, dass ich in den Bergen aufgewachsen bin und eher ein Kälteläufer als ein Hitzeläufer bin. Zudem bin ich immer draußen, kein Weichei und einiges gewohnt was Kälte an geht. Ich bin auch schon in der 2 Grad kalten Ostsee im Rahmen meines Trainings geschwommen und habe Tempotraining bei -2 Grad im Singlet gemacht. Ich kann einiges ab und schätze mich und meine Situation immer realistisch und gut ein. Bei dem Tempo brauche ich Belüftung. Klar, wenn was passiert, kühle ich rasch aus. Jetzt muss an aber sehen wo gerade was passiert. Bin ich am Berg unterwegs, muss ich selbstverständlich Vorsorge getroffen haben und Klamotten dabei haben. Auf einer 5km Runde, wo alles zum Greifen nah ist, ist eine derartige Vorsorge nicht notwendig und wenn doch, schnell verfügbar.
Eine Genugtuung ist es mir schon, dass er 48km nicht an mich ran und nicht an mir vorbei kam. Er ist, das muss man fairerweise schon zugeben, eigentlich etwas besser als ich. Er ist leichter und hat mehr Erfahrung, aber meine mentale Stärke nicht. Ne große Klappe hat er und er versteht auch nicht, dass nur weil man sich Federn in den Arsch steckt, man noch lange kein Huhn ist. Wie dem auch sei, lief das Rennen bis für mich bis km 40 echt gut nach Plan. Bei 40km kam ich leider nicht mehr in 3h rein, sondern 1min darüber, was aber noch völlig in Ordnung gewesen währe. Eine Zeit unter 4h war damit immer noch locker drin. Jetzt wurde es aber echt enorm schwer. So ein Rennen wird ja bereits nach 20km hart oder kann immer mal wieder hart sein. Aber meine Energie schwand nun wirklich extrem. Ich tat was ich konnte um noch annähernd am Tempo zu bleiben und weil ich leichte Krämpfe verspürte und obwohl meine Gels angeblich genug Salz hatten, musste ich schnell herausfinden, was los ist und was ich brauchte. Ich musste es natürlich kurz vor 40km wissen, da dort der Verpflegungspunkt und Christiane waren! Ich entschied mich für die Brühe. Christiane konnte sie mir geben, ich legte eine zwangsläufige Gehpause ein und hoffe, dann wieder auf Touren zu kommen. Noch lief ich unter 5min/km, aber leider keine 4:30min/km mehr und das arrogante Arschgesicht war immer noch hinter mir. Lange würde das aber nicht mehr so sein, wenn ich nicht vorwärts komme. Endlich schaffte ich es bis km 45, was mir wie eine ehlende und nie enden wollende Strecke erschien. Ab 45km brach ich definitiv ein. Man kann und muss hier von einem Einbruch sprechen. Wenn man plötzlich 6min/km laufen muss und kaum noch darunter kommt... Ich hatte leichte Sehstörungen und mir war schlecht. Jedes Mal wenn ich Tempo aufnehmen wollte, wurde mir mehr übel. Ich fragte mich, ob ich zum Kotzen anhalten sollte oder nicht? Ich entschied mich aber dagegen. Lieber langsam weiter und damit weniger Zeit zu verlieren, als stehenzubleiben um zu kotzen und dann evtl. nicht mehr oder noch langsamer weiterlaufen zu können. Das Risiko war zu hoch. Ich lief am Limit. Ich wollte etwas durchziehen, wofür ich derzeit nicht bereit bin. Die Übelkeit kam durch Überlastung. Ich hatte alles gegeben was ich hatte und mich völlig verausgabt. 2km vor Ende überholte er mich dann, klopfte aber keinen blöden Spruch mehr. Er hatte mich dort vermutlich gar nicht mehr erwartet. Es war mich insofern egal, da ich das nicht mehr ändern konnte. Ich konnte ihm auch nicht folgen. Egal wie er auch ist: Wenn er besser ist und überholen kann, hat er es verdient. Wenn nicht, habe ich es verdient. Das er im Ziel "Respekt" zu mir sagte, freute mich umso mehr. Ich sagte "danke" und dann war das Thema erledigt für mich. Letztendlich erreichte ich das Ziel mit 4h und 32 Sekunden drüber! Einen Schluss-Sprint konnte ich nicht mehr hinlegen und kam völlig leer und entkräftet im Ziel an, wo ich mich dann doch übergeben musste. Danach war aber alles wieder gut.
Fazit für dieses Rennen: Ich kann zufrieden sein! Ich habe es immer noch drauf und bewiesen, dass ich auf Hawaii weit unter 3h20min hätte laufen können, da ich selbst bei diesem Rennen hier auf Marathon eine Durchgangszeit von 3h16min hatte. Das aber, obwohl es ja noch 8km mehr waren und ich bis Marathon nicht voll am Anschlag laufen konnte. Ich habe meinen Formtest und weiß, ich kann derzeit 50km in 4h bewältigen, was definitiv einem Schnitt von unter 5min/km konstant entspricht. Für meine Ziele und mein derzeitiges Ultratraining, das nicht spezifisch auf Marathon Bestzeit ausgerichtet ist, kann ich mich überhaupt nicht beschweren! Eine solide Grundschnelligkeit ist vorhanden und die Kraftausdauer für die Langstrecke ist perfekt. Ich bin bereit für Sparta und andere große Ziele. Ob ich es noch kann, den Marathon unter 3h zu laufen? Kriege ich sicher hin, wenn ich spezifisch drauf trainieren würde. Meine Ziele für 2023 sind allerdings andere.
1. Auf 24h mal die 200km Grenze knacken
2. Den Eiger Ultra Trail mit 100km und über 7000 Höhenmetern schaffen
3. Eine Startnummer für den Spartathlon 2023 bekommen, wo ich derzeit auf Wartelistenplatz 2 stehe