Deutschlandlauf - 1300km in 19 Tagen - von Sylt bis auf die Zugspitze - Start: 16. Juli 2017!

Meine bislang größte Herausforderung!!!

 

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Artikel in der Taunuszeitung vom 12.08.2017

Artikel in der Bad Homburger Woche vom 10. August 2017

Deutschlandlauf 2017 - eine Grenzerfahrung und ein Erlebnis das ich nicht missen möchte!

Am Strand in Sylt die Nordsee berührt...

19 Tage und 1300km später glückselig am Gipfel der Zugspitze angelangt!!!

Daheim angekommen, kann ich es kaum glauben tatsächlich Finisher des Deutschlandlaufs 2017 zu sein. Ich bin tatsächlich 1300km von Sylt bis auf die Zugspitze inklusive Gipfel gelaufen. Ich bin noch sehr müde, in Gedanken noch im Rennen, kann mein „normales“ Leben kaum fassen und gebe mich meinen Schmerzen hin. Ursprünglich hatte ich vor jeden Tag zu dokumentieren, das war mir aber aufgrund der Belastung einfach nicht möglich.

 

Die ersten beiden Etappen kam ich noch relativ früh ins Ziel und war gut unterwegs. Ich war der Meinung, ich könne mit einer Pace von 5:40min/km laufen bis ich von der Elite erfahren habe, dass der letzte Deutschlandlauf mit einer Durchschnittspace von 6:20min/km gelaufen wurde. Ab da wurde mir bewusst das mein Plan evtl. nicht aufgehen würde. Den längsten Etappenlauf den ich bislang gelaufen bin war der Marathon des Sables 2015 über 7 Tage. Das zwar mit eigner Versorgung aber mit weniger langen Etappen. Die längste Etappe dort war 84km lang und das einmalig. Alles andere ging nicht über die Marathondistanz hinaus. Auch wenn ich dort mehrere Stunden unterwegs war, tat dies anders und weniger weh, als stundenlang auf dem Asphalt herum zu trampeln. Die elendig langen Distanzen und das täglich über 19 Etappen war es, das mich zermürbte. Ich werde mit meinem Bericht weder etwas beschönigen, noch schlecht reden. Ich beschreibe nur meinen Lauf so unverblümt wie ich ihn erlebt habe.

 

Ich spare es mir, in meinem Bericht jede Etappe einzeln aufzuführen, da ich meist nicht in der Lage war diese an jedem Tag zu dokumentieren. Nicht mal mit dem Diktiergerät. Meistens war es sowieso immer der gleiche Ablauf. Irgendwann nach Etappe 4, begann ich Marathonbestzeiten von 6 Stunden und 20 Minuten zu produzieren, an die ich mich gewöhnen musste. Es war von vornherein klar, dass ich nicht mehr großartig schneller werden würde und mir die Kraft enorm einteilen musste. Abends im Ziel angekommen, hatte ich meist tierische Schmerzen. Ich kannte diese Schmerzen bislang nicht. Das einem das Fahrgestell nach langen Distanzen weh tut kenne ich wohl. Das sich aber die Beine wie Überdruckschläuche anfühlen, die jeden Moment zu platzen drohten, das Gefühl kannte ich bislang nicht. Diese Schmerzen sollten mich von nun an bis zum bitteren Ende des Rennens im Ruhezustand und meist die ganze Nacht begleiten.

 

Jeden Morgen um 4:00 Uhr, bei Distanzen über 80km sogar schon um 3:40 Uhr, klingelte der Wecker. Das Licht in der Turnhalle ging an und es musste sich für den Start vorbereitet werden. Ich hatte einmal fast in die Hose gemacht, weil ich nicht rechtzeitig aufs Klo kam, konnte ich doch kaum vor Schmerzen vorwärts humpeln und stellte mir die Frage, wie ich heute denn 84km laufen können sollte? Ich wollte raus aus dieser Hölle und erschrocken fiel mir ein, es geht ja morgen Früh genau so wieder los und weiter. Wie soll ich das nur ertragen können. Könnte ich nicht wenigstens eine Stunde oder zwei länger pennen? Leider nicht. Also die Klamotten an und zum Frühstück. Anfangs konnte ich noch den angebotenen Brei dort löffeln. Mit Banane und Honig verfeinert, konnte man den Jenschura-Brei schon ertragen. Nach gut zwei Wochen hing der mir zum Hals raus und ich hätte kotzen müssen, aß ich weiterhin davon. Dann geht´s nach der Gepäckabgabe weiter an die Startlinie und auf zum nächsten Etappenziel. Anders als beim Citymarathon drängt sich hier keiner an der Startlinie vor. Eher ist man ruhig und hofft, die letzten 10 Sekunden die heruntergezählt werden, mögen noch ewig andauern.

 

An den ersten Tagen sah ich noch das weite Ziel Zugspitze vor mir und träumte von einer Top 10 Positionierung. Als die Probleme kamen, war mein nächstes Ziel nur noch der kommende Abend und damit das Etappenziel erreichen zu dürfen. Im schlimmsten Fall war das Ziel der nächste Verpflegungspunkt in der Hoffnung den übernächsten noch in der Sollzeit anlaufen zu können. Es ging irgendwann nur noch ums nackte Überleben. Für mich begann es richtig schlimm zu werden ab Etappe 8. Alle fieberten wir diesen zwei Etappen 7 und 8 entgegen, weil die 7. Etappe mit 90km die längste und die 8. Etappe mit 86km angeblich bis auf die Zugspitze die härteste sei. Wer diese erste Woche überlebt hat, hat gute Chancen die Zugspitze zu erreichen! Das ist aber natürlich keine Garantie dafür. Denn es geht ja nach den beiden Etappen immerhin noch zwei Wochen genau so weiter! Ein Hoffnungsschimmer bei vielen war auch, dass nach der 8. Etappe vier Etappen folgten, an denen der Kilometerumfang pro Etappe bis auf 60km und knapp darüber abfiel,. was wir als Erholung sahen. Man stelle sich das mal vor, dies seinem Arzt zu erzählen... „Herr Lange, Sie müssen pausieren, Sie sind verletzt. Erst weiter machen wenn das Problem ausgeheilt ist!“ Darauf entgegnet man dann: „Aber Herr Doktor, ich laufe doch morgen nur 60km und übermorgen nur 54km, da kann ich mich doch aktiv erholen und für die kommenden 80km wieder ausruhen....“ 60km Erholung – genau. Die meisten unserer Gesellschaft haben ein Problem 1km zu Fuß zu gehen!

 

Ich überstand die „Grand Etappe“ wie ich sie nannte. Am Folgtag lief ich unter Schmerzen los und musste marschieren, gehen, laufen, tippeln. Ich lief mir bei knapp 30km einen Schiensplint rein, also eine Entzündung der Knochenhaut und das Bein dickte ein. Das kam plötzlich und das Problem ist auch als die Läufersäuche bekannt. Keiner ist davor sicher, vom ersten bis zum letzten Läufer nicht. Zwar trifft es die Läufer vorn eher als die langsameren, aber eine Garantie, die Seuche nicht zu bekommen, gibt es nicht. Man kann präventiv die Socken oben aufschneiden um den Druck von den Beinen zu nehmen, denn die Füße werden ja im laufe der Zeit dicker. Auch da gibt’s Unterschiede. Meine Füße wurden zwar etwas dicker, aber immer noch nicht so dick, dass ich nicht hätte in Zehensocken starten können. Ich kam immer gerade so in die Zehensocken rein. Anderen war das nicht mehr möglich. Wenn die Füße richtig eindicken, muss man das Schuhwerk aufschneiden, es kann zu Klumpfüßen kommen, mit denen man unter Umständen dann gar nicht mehr laufen kann.

 

Ich bekam den Schiensplint vermutlich deshalb, weil ich die Strüpfe nicht eingeschnitten hatte und es auch nicht für nötig fand, weil mich ja nichts drückte. Als das Problem da war, konnte ich kaum noch schmerzfrei gehen. Ich musste die Folgeetappen mehr mit Tippelschritten als gehend oder laufend bewältigen, weil das normale Gehen mir weh tat und das anständige Laufen unmöglich war. Das machte mich im Kopf fertig. Du tippelst in Babyschritten durch Köln und bist langsamer wie Fußgänger die sich die ernsthafte Frage stellten, was es ist, das du da tust. Dann bekam ich noch währenddessen eine Rose angedreht die ich kaufen sollte und mir wurde bewusst, dass ich nicht mal eben ein paar Meter so weiter tippeln müsse... Nein, es sind noch über 40km und ich komme so kaum vorwärts. Die Frage nach dem Sinn und ob das Vorhaben nun besser aufzugeben sei, weil das kein Laufen mehr ist und wir erst bei Etappe 9 sind, kam zwangsläufig auf. Dagegen stand jetzt der unsagbar große Wunsch dieses Event zu finishen! Was habe ich dafür alles verloren und entbehrt? Wie viele Stunden habe ich trainiert, wie viel Geld investiert, vielleicht sogar meine Ehe geopfert dadurch, verzichtet, mich gequält, geplant, Stunden und Tage verloren mit der Planung und Überlegung für dieses eine Event? Das soll jetzt enden bevor ich es richtig begonnen habe, nur weil das Schienbein jetzt da weht tut?? Tja, es tat aber höllisch weh. Es tat so weh, dass mir der Kreislauf fast zusammengebrochen ist, als der Sanitäter im Ziel mir kalte Wickel um die Schienbeine machte, die nicht mal berührt werden durften, so schmerzhaft war das. Damit einzuschlafen? Fast unmöglich. Schmerzmittel nahm ich keine aus Prinzip weil a) muss ich wissen wie der Schmerz ist um zu wissen, wann ich definitiv nicht mehr weiter machen sollte und b) wollte ich meine inneren Organe nicht damit belasten, die durch das Durcheinanderessen und den Stress der Belastung, zwischen 8 und 16 Stunden täglich zu laufen, genug Belastung ertragen mussten. So blieb mir nur Schmerzgel und Kühlsalbe. Das Doc Ibuprophen Schmerzgel und Tiegerbalm, Täufelskralle, anders war das kaum zu ertragen.

 

Ich versuchte mir von Anfang an kleine Ziele zu setzen. Das erste Ziel war ja, dass ich am Dienstag der ersten Woche (Etappe 3) schon in Hamburg stehen würde, wo mein Freund und Kamerad Lars Apitz mich erwarten würde. Dann kamen die zwei harten Etappen am Wochenende. Diese überstanden, kämen die vier ruhigeren Etappen und dann am Mittwoch darauf (Etappe 11), kämen schon meine Mama und ihr Freund Garry als Helfer dazu und würden eine Verpflegungsstelle ab der 12. Etappe betreuen. Die Etappen wurden ab der 12. wieder länger und wir hatten mit ihr noch 8 Etappen zu bewältigen... Wird dies jetzt mit mir oder ohne mich sein?

 

Ich habe es immer geschafft in der Sollzeit reinzukommen, trotz aller Probleme. Einmal war ich aber nah dran diese zu überschreiben und bei zweifacher Überschreitung wäre das Rennen für mich vorbei gewesen. Zum einen ist es passiert, weil ich durch die Schmerzen nicht schneller konnte, zum anderen weil ich mich verlaufen habe. Die Markierungen waren nicht immer gut gemacht, vom Regen verwaschen oder undeutlich, zu klein, oder es parkten Autos drauf. Es ist wohl kein Teilnehmer dabei gewesen der sich nicht mindestens einmal verlaufen hat. Das kostet Zeit, Nerven, Energie und Zusatzkilometer bei Distanzen, die ohnehin meist falsch angegeben waren. In der Regel liefen wir immer bis zu 2km weiter als die Etappe angegeben war. Robert Wimmer und Günter Naab waren es, die mir Hoffnung gaben. Sie versicherten mir, ich könne mit dem Schinesplint weiterlaufen, wenn ich bereit sei die Schmerzen zu ertragen und langsam tun würde. Solange ich in der Sollzeit bliebe sei alles gut. Ich müsse es einfach aushalten und ganz langsam tippeln. Es würde dann eine Chance bestehen, dass es zurückgeht. Klar könnte ich dann nicht auf Teufel komm raus losrennen, weil es sonst wieder käme. Aber ich könnte wieder irgendwie laufen. Das wollte ich auf alle Fälle versuchen. Ich machte weiter und dehnte meine Sehne auf, dass ich mich vor Schmerzen am Streckenrand übergab. Ich konnte langsam wieder rollen, wenn auch in 9:30min/km aber es rollte und die Gehpausen waren Geschichte und nur noch selten.

 

 

 

Ab Etappe 10 ein unzertrennliches Dream Team!!!

Ab Etappe 10 wendete sich das Blatt durch die Begegnung mit Robert Wimmer.

 

Der Robert ist einer von den ganz großen mit drei Weltrekorden und ehemaliger Gewinner des Deutschlandlaufes und davon noch Gewinner jeder einzelnen Etappe. Er wollte es einfach nochmal wissen und bei diesem Rennen vorn mit dabei sein. Sein Knie sah das allerdings etwas anders, weshalb er sich dann zurückfallen lassen musste und sich die Frage stellte, ob er nun das Ding zu Ende laufen würde oder nicht. Ich traf ihn an einem Verpflegungspunkt und er und ich hatten dasselbe Tempo. Gemeinsam mit Frank Reichel quälten wir uns Stück für Stück weiter und unterhielten uns. Ich klagte ihm mein Leid vom Schiensplint und das ich glaubte nicht finishen zu können und er erzählte mir von seinem Vorhaben und dem Problem mit seinem Knie. So entschlossen wir uns das Rennen gemeinsam zu Ende zu laufen, da wir ja im selben Level unterwegs waren und es auch chemisch gut zwischen uns harmonierte. So musste er das Rennen nicht aufgeben und sah wieder einen Sinn darin weiterzumachen. Ich würde wie immer das Bestmöglichste rausholen und von seiner Erfahrung profitieren, ein Finisher sein und meinen bislang größten sportlichen Lauferfolg feiern können. Günter und Robert sollten Recht behalten. Die Verletzung besserte sich wenigstens soweit, dass ein Laufen mit 9min/km, knapp drüber oder auch mal darunter machbar war, die Gehpausen nur noch selten nötig waren und bei mir auch langsam wieder ein Gefühl von Wettkampf aufkam. Es mussten jetzt die harten Wochenendetappen (14 und 15) überlebt werden, denn schon am Montag, am Start der 16. Etappe kann man sagen: „Übermorgen stehen wir in Garmisch!“ Das heißt, das Rennen nähert sich dem Ende und man sieht Licht am Ende des Tunnels.

 

 

Stets an meiner Seite - nicht nur als meine Fahrradbegleitung - meine liebe Freundin Christiane, ohne sie ich manche Abzweigung übersehen hätte...

 

 

Diese extreme Belastung Tag täglich, machte auch den KNITIDO zu schaffen. Die Treck & Trail lite waren nach zwei Etappen meist durch. 

Versuche den Schiensplint zu vermeiden, indem du die Socken oben einschneidest. Der Druck muss vom Bein weg, den Schuh nicht zu eng schnüren...

Mein perfekt organisierter Schlafplatz.....

Auch die Schuheinlage von Bornemann & Schröder musste sich der Belastung beugen. Nicht die Kilometer, die Dauerbelastung machten sie nach knapp 12 Etappen kaputt. Ich baute mit Robert eine Pilotte aus einem Taschentuch und Tape, weil ich mir sonst langsam mein Fußgewölbe vorn zu Brei getreten hätte. Das verschaffte mir etwas Linderung.

Grenzerfahrung – wenn die Nerven blank liegen.

 

Ich konnte mir zwischenzeitlich gar nicht mehr vorstellen je ein anderes Leben geführt zu haben oder je noch ein anderes Leben führen zu können. Es gab ein Leben vor diesem Lauf, das schon. Allerdings gab es für mich jetzt nur noch vier Dinge: Laufen, Essen, Trinken, Schlafen. Ständiges Nachfragen meiner Fahrradbegleitung oder zu viel Gespräche und alles was nicht unmittelbar mit dem Rennen zu tun hatte, nervten mich oder ich blendete sie absolut aus. Durch die Fokussierung ist es dann aber möglich, dieser Belastung Stand zu halten. Oft lag ich schweißgebadet im Schlafsack oder konnte mich gar nicht erst zudecken, weil ich völlig überhitzt und voller Schmerzen auf meiner Isomatte lag. Der Körper war im Stress, musste seine Stoffwechselungsprozesse auf die Ruhephase, also abends und nachts verlegen. Durch die Schmerzen versagte mir einmal fast der Kreislauf und ich musste mich am Streckenrand übergeben. Ich konnte essen die ganze Zeit und dennoch habe ich 5kg nach dem Rennen abgenommen. Vermutlich nehme ich das schneller zu als mir lieb ist, weil der Körper jetzt die Nahrung speichert und auf die Belastung ausgelegt ist, die im normalen Alltag dann fehlt.

 

Natürlich war der Lauf nicht nur ein Alptraum und es gab auch schöne Momente. Wenn ich lief hatte ich so viel Zeit für mich selbst und mit mir selbst. Auch wenn Robert da war, liefen wir oft stundenlang schweigend nebeneinander her, mal er und mal ich vorn. Wir hielten konstant unser Tempo. Auch machten wir Witze auf der Strecke, lachten viel oder genossen die Natur und freuten uns über jeden erreichten Verpflegungspunkt und jedes erreichte Etappenziel. Im Kopf hat man genug damit zu tun wie man sich versorgt, was tun bei Hitze, wie viel Salz, Zucker, Eiweiß und Kohlehydrate müssen rein, was fehlt mir, wie geht es mir körperlich und ist mit den Füßen was zu tun? Welche Vorräte habe ich noch bei mir? Und mit jedem Tag wo der große Tag Zugspitze näher rückte, wurde auch die Hoffnung größer und es kam wieder Euphorie auf. Die größte Euphorie kam sicher in Garmisch auf, wo ich mir geschworen habe den Boden zu küssen, wenn ich je dort ankommen würde. ich freute mich über meine Leistung aus eigner Kraft diese Distanz bewältigen zu können, machte mir klar, das mich mental so schnell nichts aus der Bahn werfen würde. Was ich diese Tage hier ertragen musste und aushielt, würde mir im Alltag viel Kraft und Durchhaltevermögen bringen. Ich war in Gedanken bei Schmerzpatienten welche sich Tag täglich diesen Schmerzen aussetzen müssen, die ich jetzt mal 19 Tage und evtl. ein paar Tage danach noch ertragen müsste, während diese Menschen ein Leben lang Schmerzen ertragen müssen. Ich weiß jetzt was meine Oma meint wenn sie sagte "Ach Kind meine Füße tun so weh" Bei ihr später Bewegungsmangel, bei mir wohl etwas viel Bewegung.

 

Ich lernte meinen Körper von einer ganz anderen Seite kennen, erfuhr was ich im Stande bin zu leisten und wie stark ich doch bin und doch nur ein kleines Licht im Herzen der Natur. Ich erkannte wie wenig ich benötige um glücklich zu sein. Es nervte mich bei den zweimal wo wir ein Bett bekamen, mir einen Schlüssel für das Zimmer zu organisieren. Ich genoss die Freiheit der Turnhallen wo man sich einfach einen Platz sucht, sich nieder lässt und fertig. Ich brauchte keine 20 T-Shirts, schätzte Gebirgsbäche die mich mit Wasser versorgten, hielt nach Früchten in freier Natur Ausschau und freute mich über die Vielfalt der Natur und über das draußen sein zu können. Nicht langweilig am Schreibtisch sitzen zu müssen und diese unvergesslichen Erlebnisse erfahren zu können.

 

Aufgeben ist keine Option!

 

Aufgegeben werden Briefe! Der Tag an dem ich aufgebe, ist der Tag an dem ich sterbe. Für mich war klar: Wenn ich noch irgendwie weiter voran kommen kann, werde ich weitermachen. Ich höre nur auf wenn es gesundheitlich absolut nicht mehr möglich sein würde. Die Schmerzen und die Belastung haben mich mental und körperlich so stark gemacht, diese Erfahrung nimmt mir niemand mehr.

 

Diese Erfahrung und getrieben von dem Willen es zu schaffen, peitschten mich weiter Richtung Ziel.  Das Laufen war also wieder machbar, es rollte, wenn auch ruhiger. Ich fand für mich einen Rhythmus der vertretbar war und der ohne weitere Verletzungen funktioniert hat. Wenig Zeit an den Verpflegungspunkten verschwenden, immer in Bewegung bleiben, Probleme sofort eliminieren und sich damit abzulenken, andere zu jagen, wenn möglich, natürlich immer unter der Beachtung sich nie zu überheizen. Überziehen darf man nie bei einer Etappe, sonst kann es sein, dass man es am Folgetag nicht nur büßt, sondern auch nicht mehr Start antreten kann. Man sagt ja, es dauert eine Woche bis man im Rennen angekommen ist und diese Woche sei die Hölle. Bei mir ging diese Hölle über eine Woche hinaus, aber dennoch fand ich mich so langsam im Rennen ein und fügte mich meinem Schicksal. Ich wusste genau, wenn ich 15 Stunden laufen kann, kann ich morgen auch 10 Stunden laufen. Zeit und Raum verschoben sich und es war bald klar, 7-10 Stunden oder mehr sind Tagesgeschäft. Danach sucht man die Ruhe, blendet alles Unwichtige aus, ernährt sich, pflegt sich und schläft, um am nächsten Morgen wieder der nächsten Etappe entgegenschauen zu können.

 

 

So ging das bis Etappe 18 von Füssen nach Garmisch-Partenkirchen. Dort angekommen, erfüllte ich mein Versprechen und küsste den Boden. Jetzt war es soweit! Die Zugspitze konnte kommen und nichts mehr würde mich aufhalten können! Es sei denn, das Wetter schlägt um. Das Wetter hielt jedoch und wir konnten am Folgetag den Aufstieg zur Zugspitze bei bestem Panorama wagen.

 

Ein dummes Ereignis hätte das bald verhindert. Wir bekamen irgendwie einen Magen-Darm-Virus zu Besuch und der hatte einige von uns erwischt. Mich zum Glück nicht, ich hatte erst nach dem Rennen einen Tag Durchfall. Also konnte ich den Aufstieg zur Zugspitze wagen. Und weil es mir muskulär, bis auf den Schiensplint ja sehr gut ging, wollte ich auch nochmal alles aus mir heruas holen und lief hier auf der letzten Etappe 19 auf Platz 6 gesamt ein.

 

So endete für mich das Rennen mit der Gesamtplatzierung 27, mit der ich sehr zufrieden sein kann. Denn von 60 Teilnehmern kamen nur 41 Teilnehmer ins Ziel, der Rest fiel aus. Folglich bin ich einer der wenigen glücklichen Menschen weltweit denen überhaupt so ein Finish bei so einem harten Rennen gelingt. Nur weil man den Deutschlandlauf schon einmal erfolgreich beendet hat, heißt das noch lange nicht, dass das jedes Mal so läuft und man ihn wieder erfolgreich finishen kann.  

Ein Artikel in der Bad Homburger Woche

vom 13.07.2017 - vor dem Start!

Das Gepäck ist nun auf ein Minimum reduziert und ich habe mir bis zuletzt jetzt die Frage gestellt, ob ich nun ein 3. Paar Schuhe einpacke oder nicht. Ich habe genau diese eine Tasche, ziehe das erste Paar Schuhe an und nehme zur Sicherheit 3 Paar Laufschuhe + 1 Paar Trailschuhe für die Zugspitze. 

 

Ich bin startklar...

Ich versuche mein Gepäck so gering wie möglich zu halten. Im Gegensatz zum Marathon des Sables transportiert hier der Veranstalter das Material für mich. Allerdings reise ich trotzdem stets mit leichtem Gepäck und nehme nur das Nötigste mit.

 

Für den letzten Aufstieg zur Zugspitze ist Pflichtmaterial gefordert und notwendig. Das Wetter kann sich hier ganz schnell ändern und es kann lebensbedrohlich werden, wenn die Ausrüstung nicht stimmt!

Zuvor habe ich noch meinen Startpass des Deutschen Behindertensportbundes und damit die Eintrittskarte für den Berlin Marathon 2017 (Deutsche Meisterschaft des DBS), erhalten!

 

Selbstverständlich heißt es in Berlin wie auch hier beim Deutschlandlauf 2017: blasenfrei mit KNITIDO Zehensocken!

 

Gestartet wird für den HSC Erfurt (Handicap Sport Club)!

 

Weitere Infos über den Streckenverlauf und das Rennen selbst finden Sie auf der Seite des Veranstalters

 

Zur Audiodokumentation mit Eindrücken live vom Rennen geht es HIER!